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Volksfreund, 18.1.2022

Trier Mini-Kriegsschiffe im Kinderzimmer oder opulente Aufnahmen: Die Trierer Gesellschaft für Bildende Kunst zeigt Fotografien des saarländischen Multi-Media-Künstlers Wolfgang Folmer - eine sehenswerte Ausstellung.


Von Eva-Maria Reuther


Auch wenn das Entree im Erdgeschoss mit seinen wandfüllenden Formaten überwältigend ist, so liegt doch das Epizentrum dieser Ausstellung im ersten Obergeschoss der Galerie im Palais Walderdorff.

Mitten ins Werk und zu seinem Kern führen die kleinformatigen schwarz-weißen Foto-Suiten von Wolfgang Folmer dort. In ihnen stellt sich jene kleinteilige, dichte zum Teil verschwurbelte Welt dar, die auch in den virtuosen Zeichnungen des in Saarbrücken und Stuttgart lebenden Künstlers sichtbar wird. Darin offenbart sich eine ungeheure Lust an kreativer komplexer Welterfindung wie -durchdringung.

Doch zunächst zur Person: Wolfgang Folmer ist das, was man heute einen Multi-Media Künstler nennt. Sein Werk beinhaltet gleichermaßen Grafik, Malerei, Fotografie und Video. Wer sich die opulenten großformatigen Farbfotografien im Erdgeschoss der Galerie anschaut, die Fotos der Serie „Zerstreuungen“ und die schwarz-weißen Serien im Obergeschoss erkennt sofort, wie eng alle Ausdrucksformen und Techniken im Werk des Saarländers zusammenhängen. Ebenso wie sich seine Motive aus Naturphänomenen, dem Verhältnis von Natur und Zivilisation, aus Religion und  abendländischer  Kultur-und Geistesgeschichte mit der Reflexion der eigenen privaten Umwelt zur Innen-und Außenschau zusammenfinden.


In ihnen verschränken sich der Mikrokosmos der eigenen Lebenswelt mit dem Makrokosmos von Tradition und gegenwärtigem Zeitgeschehen zur vielschichtigen Welterfahrung. Auch in der Lebenswelt des 1960 in Merzig geborenen Künstlers hat sich unzweifelhaft im Laufe der Jahre einiges verschränkt und verdichtet, das Folmers ausgesprochen eigenwillige Position begründet.

In einer Gemeinde an der deutsch-französischen Grenze ist  der Künstler aufgewachsen. Bevor er an die Fachoberschule für Design in Saarbrücken wechselte, absolvierte er eine Ausbildung als Maschinenschlosser und Wagenmeister. Von der Freien Kunstschule Stuttgart ging es 1987 schließlich zum Studium der Freien Grafik an die Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Inzwischen weist seine Ausstellungsbiografie internationale Stationen auf.


Die Trierer Ausstellung beschränkt sich auf einen Ausschnitt des fotografischen Werks. Zu sehen sind analoge Arbeiten aus den 80er und 90er Jahren sowie neue digitale Fotos. Sowohl die beiden am Computer zu digitalen Gemälden bearbeiteten Großformate gleich eingangs sind wie die Bild-Suiten oben Erzählungen von beredter Kraft.Als urbane künstlich geschaffene Landschaft (ähnlich feudaler barocker Schlossanlagen) aus Licht und strenger Form stellt sich der Bosch Gebäudekomplex dar. Aus der Tradition dramatischer Landschaftsmalerei schöpft Folmer beim lodernden Rot seines Corona Zentrums. Ganz anders bei den asketischen zum Teil grafisch strengen Foto-Zyklen ein Stockwerk höher, die anders als die Bild-Theatralik unten in ihrer Schlichtheit und Stille umso eindringlicher und sogar beklemmend sind.

Was sich hier darstellt, ist eine kleinbürgerliche enge, aber durchaus abgründige Welt unter dem Kreuz im übertragenen wie im Wortsinn. Ein Leben zwischen den Requisiten, die Teil des Lebens wie Heimat sind. Bis sie in der Serie „Es is noch net so, wie‘s sinn soll“  als Gerümpel zur Bedrängnis werden und Leben wie Fortschritt behindern. Auf ihre schlichte, seltsam steril wirkende, gottesfürchtige Menschlichkeit wird Mathilde in der gleichnamigen Serie reduziert. „Zerstörer“ versammeln sich in den Mini-Kriegsschiffen und Flugzeugen der Kinderzimmer von Folmers doppeldeutiger ebenso benannter Foto-Suite.


Nicht nur das: Das Kriegsspielzeug bildet auch künftige Zerstörer aus. In der „Zerstörer“ Serie zeigt sich aber auch Folmers unbändige Lust, im Bild zu fabulieren und die Form übermütig Sprünge machen und Purzelbäume schlagen zu lassen. Eine äußerst sehenswerte Ausstellung. Es empfiehlt sich, die ausliegenden Kataloge anzuschauen, um die gezeigten Arbeiten im Gesamtzusammenhang des Werks zu sehen. Ein paar Arbeiten aus dem zeichnerischen Werk hätten die Schau zusätzlich erhellt.